Mediensozialisation

Der Begriff Mediensozialisation verweist auf den Sachverhalt, dass sich Prozesse der Vergesellschaftung und der Persönlichkeitsentwicklung zunehmend in der Interaktion mit Medien vollziehen. Die Auseinandersetzung mit Webangeboten, Büchern, TV und anderen Medien trägt mit dazu bei, dass der einzelne Mensch gesellschaftliche Strukturen, Normen et cetera verinnerlicht. Begreift man Medien als wesentlichen Teil des Alltagslebens und damit verbunden als Sozialisationsprozesse beeinflussend, so ergeben sich daraus interessante Impulse für die bibliothekarische Praxis. Der vorliegende Artikel zeigt schlaglichtartig auf, inwiefern die Mediensozialisationsforschung dazu beitragen kann, Bibliotheksdienstleistungen und -angebote weiterzuentwickeln.

Quelle:  LIBREAS. Library Ideas, 43 (2023). (https://libreas.eu/ausgabe43/roth/). Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).

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Mediensozialisation
Alexandra C. Roth

 

Einführung

Medien zählen zu den Faktoren, die den Prozess der Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen beeinflussen können. Inwiefern Medienumwelt und -handeln ein Individuum prägen, wird unter anderem im Kontext der Mediensozialisationsforschung untersucht (Aufenanger 2008). Für Bibliotheken als Einrichtungen, zu deren Kerngeschäft das Verfügbarmachen von Büchern, Zeitschriften und seit geraumer Zeit auch von Datenbanken sowie anderen digitalen Angeboten gehört, kann ein Blick auf dieses Forschungsfeld daher sehr wertvoll sein. Dieser Beitrag widmet sich dementsprechend den Begriffen der Sozialisation beziehungsweise der Mediensozialisation und leitet daraus Denkanstöße für die bibliothekarische Praxis ab.

Sozialisation

Mediensozialisation ist ein Kompositum aus den Begriffen Medien und Sozialisation. Beide Termini sind in der Alltagssprache gebräuchlich, müssen für die weiteren Ausführungen jedoch genauer bestimmt werden.

Zunächst zum Begriff Medien: Darunter lassen sich in Anlehnung an Fromme (2006, S. 115) Mittel beziehungsweise in einem engeren Sinne technische Hilfsmittel zur Übertragung von Informationen oder Zeichen verstehen. Ein Teilbereich dessen sind die sogenannten Neuen Medien. Diese Bezeichnung wird speziell auf computerbasierte Technologien angewandt (Fromme 2006, S. 116). Wenn im Folgenden von Medien die Rede ist, so sind damit also nicht-menschliche Kommunikationsmittel gemeint wie zum Beispiel Bücher, Zeitungen, TV, das Internet.

Der Begriff Sozialisation dürfte im Vergleich zu den Termini Medialität, Medium et cetera einen kleineren Raum in der bibliothekarischen Fachsprache einnehmen und wird daher an dieser Stelle ausführlicher dargelegt. Er wurde ursprünglich durch den Soziologen Durkheim eingeführt, um die Vergesellschaftung des einzelnen Menschen zu beschreiben (Gudjons/Traub 2020, S. 160). Ganz grundsätzlich beziehen sich Sozialisationsprozesse auf Vorgänge, im Rahmen derer sich der einzelne Mensch soziale Standards, Verhaltensanforderungen und so weiter aneignet, um gesellschafts- und handlungsfähig zu werden, sich also in einen bestimmten Kontext einzugliedern (Bernhard 2018, S. 303 ff.; Borst 2016, S. 22; Hurrelmann 2011, S. 319). Schwerpunkte von Sozialisationstheorien sind unter anderem die Einwirkungen der Gesellschaft auf das Subjekt, die Effekte bestimmter Einflussfaktoren wie auch Determinanten des menschlichen Verhaltens (Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 104). Es handelt sich hierbei um ein Forschungsfeld mit multiplen methodischen und theoretischen Zugängen. Besonders stark sind unter anderem die Bezüge zur Soziologie, so etwa zum Symbolischen Interaktionismus oder zu Bourdieus Habitus-Konzept, zur Psychologie, das heißt zur Entwicklungs-, Lern- und Verhaltenspsychologie, zur Psychoanalyse et cetera, zur Philosophie sowie zur Erziehungswissenschaft (Gudjons/Traub 2020, S. 162–175; Hurrelmann 2011, S. 319; Hurrelmann et al. 2015; Vogel 2019, S. 117).

Zu betonen ist, dass Sozialisation nicht ausschließlich, wie etwa Erziehung, auf intentionale, zielgerichtete Einflussnahmen auf die Persönlichkeitsentwicklung bezogen ist, sondern alle Faktoren umfasst, die sich auf menschliches Wissen, Verhalten, Fühlen et cetera auswirken – seien sie geplant, ungeplant, bewusst oder unbewusst (Baacke 2007, S. 38; Hurrelmann 2011, S. 321; Löw/Geier 2014, S. 24 f.). Es handelt sich hierbei um einen lebenslangen und interaktiven Prozess, das heißt, dass der einzelne Mensch sich fortlaufend in Auseinandersetzung mit der Umwelt Normen, Auffassungen et cetera aneignet (vergleiche Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 96, 98; Löw/Geier 2014, S. 24). Hurrelmann und Bauer (2015, S. 144 f.) nutzen in diesem Zusammenhang den Begriff des produktiv realitätsverarbeitenden Subjekts, wodurch verdeutlicht wird, dass Sozialisation zumindest nach heutigem Verständnis kein reiner An- beziehungsweise Einpassungsprozess in einen vorgegebenen Kontext darstellt. Vielmehr existiere eine dialektische Beziehung zwischen der gesellschaftlich vermittelten Realität einerseits und dem Individuum andererseits. Die Verinnerlichung sozialer Normen, Werte, Einstellungen, Geschmäcker und Haltungen (Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 98) vollzieht sich nicht zuletzt unter dem Einfluss der sogenannten Sozialisationsinstanzen beziehungsweise -kontexte, wie der Familie (Hurrelmann/Bauer 2015, S. 153–156). Wie groß deren Wirkmacht ist, unterscheidet sich je nach Lebensabschnitt: So sind im Rahmen der Primärsozialisation vor allem Familienmitglieder prägend, während in der Sekundärsozialisation unter anderem pädagogisch Tätige in Schulen oder Kindertagesstätten das Individuum beeinflussen (Hurrelmann/Bauer 2015, S. 153 ff.). Außerschulische Einrichtungen für Arbeit, Freizeit, Unterhaltung, Kultur et cetera gehören dabei zu den tertiären Sozialisationsinstanzen (Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 101; Hurrelmann/Bauer 2015, S. 156). Dazu lassen sich auch Bibliotheken rechnen.

Mediensozialisation

Medien wiederum gelten als sekundäre, aber auch als tertiäre Sozialisationsinstanzen (Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 101; Hurrelmann/Bauer 2015, S. 156). Diese Einordnung wird allerdings kritisch reflektiert. So gibt es Ansätze beziehungsweise Überlegungen, Medien nicht als separate Sozialisationsinstanzen zu betrachten, sondern sie in ihrer Verwobenheit mit weiteren sozialisierenden Kontexten wie Familie zu fassen (Hoffmann/Wagner 2013, S. 3; Lange 2015, S. 537; Mikos 2010, S. 42; Spanhel 2013, S. 30 f.; Süss 2004, S. 26). Trotz dieser unterschiedlichen Betrachtungsweisen bleibt festzuhalten: Mediale Angebote scheinen für den Sozialisationsprozess eine gewichtige Rolle zu spielen. Dies ist naheliegend, führt man sich erneut das Grundkonzept von Sozialisation vor Augen: Das Selbst wird in der beziehungsweise durch die Interaktion mit der Umwelt geprägt (Dörpinghaus/Uphoff 2019, S. 96). Zur Umweltinteraktion gehören, nicht zuletzt bedingt durch den technischen Fortschritt, in einem immer stärkeren Maße mediale Angebote. Selbige sind durch ihre Omnipräsenz und die Veralltäglichung ihrer Nutzung zu einem essenziellen Teil der sozialisierenden Lebenswelt avanciert. In ihrer Wechselbeziehung mit Sozialisationsinstanzen wie Schule, Familie et cetera verändern Medien also die Bedingungen von Sozialisation (Mikos 2010, S. 42).

Sozialisationsimpulse, die von Medien ausgehen, sind dabei vielfältig. Letztere fungieren […] mitunter parasozial, sozial-integrativ, sinngebend, wertschöpfend und identitätsstiftend (Hoffmann/Mikos 2010, S. 7). Dieses breite Wirkungsspektrum ist angesichts der Funktionsvielfalt von Medien nicht verwunderlich: Selbige werden zu Unterhaltungs-, ebenso wie zu Informations- und Kommunikationszwecken genutzt, sie dienen als Wissensressourcen sowie als Instrumente der Lebensbewältigung, gestalten soziale Beziehungen mit und liefern Normen, Werte, Lebensmodelle (Hoffmann/Mikos 2010, S. 7; Hoffmann/Wagner 2013, S. 4; Mikos 2010, S. 37). Medien kultivieren dabei bestimmte, die Alltagswelt betreffende, Vorstellungen, so etwa zu Geschlechterrollen (Bucher 2005, S. 43). Die Enkulturationsfunktion medialer Angebote zeigt sich auch darin, dass Menschen über ihre Präferenzen, etwa was bestimmte Inhalte oder Träger betrifft, ihre Zugehörigkeit zu Kontexten definieren (Hoffmann/Mikos 2010, S. 7). Die Motive für die Mediennutzung sind dabei divers und den Rezipient*innen nicht immer bewusst (Hoffmann/Kutscha 2010, S. 225).

Wie auch in der allgemeinen Sozialisationsforschung darf das Subjekt bei all dem nicht als völlig passiv, das heißt den Medieneinflüssen hilflos ausgeliefert verstanden werden. Vielmehr lässt sich, Süss folgend (2010, S. 110–114), differenzieren zwischen Selbst- und Fremdsozialisation mit beziehungsweise durch Medien. Im erstgenannten Fall würden die Sozialisanden autonom über ihren Medienumgang entscheiden, also zum Beispiel festlegen, welche Inhalte sie wann, an welchem Ort, mit welchem Trägermedium et cetera nutzen. Grenzen der Selbstsozialisation sind laut Süss (2010, S. 112) etwa dadurch gesetzt, dass der Zugriff auf mediale Angebote unter anderem durch finanzielle Hürden eingeschränkt werden kann oder auch dadurch, dass der Mediengebrauch zum Teil Kulturtechniken wie Literalität voraussetzt, die erst mithilfe von erwachsenen Bezugspersonen erlernt werden müssen. Damit ist der Bereich der Fremdsozialisation angesprochen. Darunter lassen sich Bemühungen fassen, den Medienumgang von zum Beispiel Heranwachsenden zu steuern, anzuleiten oder bewusst zu gestalten, wie es etwa im Kontext der Medienerziehung der Fall ist (Süss 2010, S. 110; 113). So bieten Erwachsene beispielsweise den Zugang zu medialen Angeboten an oder verhindern beziehungsweise erschweren diesen, wenn sie negative Auswirkungen auf die Rezipient*innen befürchten (Süss 2004, S. 274). Die Mediennutzung und damit auch mögliche Sozialisationseffekte sind also durch Sozialisatoren, wie Erwachsene, Schule und so weiter, mitbestimmt (Süss 2004, S. 275).

Zusammenfassend lässt sich Mediensozialisation definieren als die aktive Auseinandersetzung von Menschen mit den Medienangeboten in einer medial geprägten Welt, die selbst wieder Denken und Handeln derselben beeinflussen kann […]. Die innere Realität beschreibt dabei den Einfluss von Medien auf Persönlichkeitsmerkmale durch deren sozialen Gebrauch und zugleich aber auch die Befähigung zur Auseinandersetzung mit Medien. Die äußere Realität spiegelt die Mediatisierungsprozesse wider, die eine Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt durchläuft und mit der sich die Menschen in Form von Aneignungsprozessen auseinandersetzen müssen (Aufenanger 2020, S. 2).

Inwiefern Medien Sozialisationsprozesse tangieren, hängt jedoch nicht nur vom jeweiligen sozio-kulturellen Kontext ab. Auch Faktoren wie die individuelle Wahrnehmungsfähigkeit oder die jeweilige Lebensphase sind hier zu berücksichtigen. Diese bedingen unter anderem ästhetische Präferenzen oder auch, wie empfänglich ein Mensch für mediale Einflüsse ist, wie medial Erfahrenes verarbeitet wird, wie welche Medienarten mit welcher Motivation genutzt werden et cetera (Hoffmann/Kutscha 2010; Rose 2013, S. 102–112).

Zu den zuvor angesprochenen Aspekten der Mediennutzung, -aneignung und -wirkung existieren bereits zahlreiche Ansätze sowie Studien (Hoffmann 2010, S. 11; Rose 2013, S. 100). Nichtsdestotrotz gibt es bisher keine umfassende Theorie der Mediensozialisation (Aufenanger 2008, S. 90; Hoffmann/Mikos 2010, S. 9; Rose 2013, S. 100). Wie Hoffmann (2010, S. 15–22) darlegt, werden darüber hinaus in Sozialisationskonzepten Medien nur bedingt berücksichtigt und umgekehrt vernachlässigen Medientheorien Sozialisationsaspekte. Die Forschung im Bereich der Mediensozialisation stellt Aspekte wie die individuelle Medienaneignung in den Fokus (Rose 2013, S. 99). Das bedingt die Nähe des Forschungsfeldes zu verschiedenen Disziplinen. Dazu zählen etwa die Mediensoziologie, -psychologie, -pädagogik und -wissenschaft (Aufenanger 2020, S. 2). Bereits vorhandene Theorien, Studien und Konzepte werden beispielsweise bei Aufenanger (2008; 2020, S. 3–6) prägnant beschrieben und differenziert. Anschlussfähig an die jüngere Sozialisationsforschung sind dabei vor allem Ansätze, die nicht monokausale Einflüsse medialer Angebote unterstellen, sondern Zugänge, die von einer komplexen Subjekt-Medium-Wechselbeziehung ausgehen, den Medienumgang als Teil des sozialen Handelns begreifen und in einem lebensweltlichen Kontext betrachten (Aufenanger 2008, S. 88; Niesyto 2010, S. 48).

Mediensozialisation und Bibliotheken

Die vorangegangenen Ausführungen zur Mediensozialisation im Allgemeinen lassen bereits Impulse für die bibliothekarische Arbeit erkennen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden einige davon nun näher erläutert.

So ist zunächst hervorzuheben, dass Mediensozialisation nicht nur die Wirkmacht von Medien fokussiert, sondern auch jene Fähigkeiten, die erforderlich sind, um sich in einer mediatisierten Gesellschaft behaupten und daran partizipieren zu können (Aufenanger 2020; Süss 2004, S. 65). Dies verweist auf den Bereich der Medienkompetenz beziehungsweise auf die Frage, wie sich diese stärken lässt. Bibliotheken haben dabei ein großes Potenzial, die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten gerade auch im Umgang mit Neuen Medien zu unterstützen, sei es durch gezielte pädagogische Maßnahmen oder durch das Bereitstellen von Ressourcen wie Lernräume oder Geräte zum Ausleihen. Diese Rolle wird auch seitens der Interessenverbände unterstrichen, so etwa vom Deutschen Bibliotheksverband (2016). Wichtig ist hierbei, dass es nicht um das Bewahren vor potenziell negativen Medienwirkungen gehen kann, sondern den Sozialisanden Selbststeuerung zuerkannt werden muss (Süss 2010, S. 128). Letztere wiederum kann dann erfolgreich sein, wenn es Bezugspersonen oder -instanzen wie Bibliotheken gelingt, zu einem kritisch-reflexiven Medienumgang anzuregen.

Wie eben angedeutet, können Bibliotheken Mediensozialisationsprozesse allein dadurch positiv unterstützen, dass sie einen niedrigschwelligen, das heißt vor allem einen kostenneutralen oder -günstigen Zugang zu medialen Angeboten eröffnen. Bemerkenswert ist dieser Aspekt vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass Medien im Lebensverlauf an Relevanz gewinnen, wohingegen andere Sozialisatoren an Bedeutung verlieren (Süss 2004, S. 287). Für den Bestandsaufbau bedeutet dies, dass eine möglichst breite Medienpalette angeboten werden sollte, um auch solche Gruppen von Nutzer*innen anzusprechen, die weniger auf Printmedien fokussieren (Rose 2013, S. 425). Gerade im Bereich der Lesesozialisation, der eng mit der Mediensozialisation verbunden ist, lässt sich, so Rose (2013, S. 425; 428; 433; 448), häufig noch eine starke Konzentration auf das Trägermedium Buch feststellen. Jedoch erfolge das Lesen inzwischen medienkonvergent. Damit einhergehend sei es auch Aufgabe der Bibliotheken, beim Erschließen von multimodalen Texten zu unterstützen. Analog dazu weist Ziegenhagen (1995, S. 135 f.) auf die Bedeutung von Bibliotheken als Orte hin, an denen man Medienpluralität erfahren kann. Wichtig sei, die jeweils spezifischen Qualitäten divergenter Medien aufzuzeigen. Dabei müssten sich die vermittelnden Bibliothekar*innen allerdings bewusst sein, dass die Mediensozialisation Heranwachsender unter anderen Bedingungen stattfindet als die eigene. Die sogenannten Digital Natives (Prensky 2001) wachsen mit neuen Technologien auf und erleben selbige von früher Kindheit an als einen selbstverständlichen Teil ihrer Lebenswelt.

Bibliotheken können durch ihre Angebote Mediensozialisationsprozesse zu einem gewissen Grad positiv beeinflussen. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass das Gros der Sozialisationsimpulse in jenen Kontexten verortet ist, in denen sich ein Mensch primär bewegt. Bei Heranwachsenden spielt unter anderem, wie bereits angedeutet, das familiäre Umfeld eine wichtige Rolle. Hier werden nicht nur Mediennutzungsmuster grundgelegt, sondern auch die Genese von zum Beispiel ästhetischen Präferenzen hängt davon ab, welche Anregungspotentiale und Ressourcen Bezugspersonen zur Verfügung stellen (vergleiche Hoffmann/Kutscha 2010, S. 221; 232). Familienmitglieder sind zugleich auch Vorbilder im Medienumgang, […] Partner in gemeinsamen Medienaktivitäten und […] Gesprächspartner in der Verarbeitung von Medienerfahrungen (Süss 2004, S. 276). Das Potenzial von Bibliotheken liegt hier darin, Multiplikator*innen im Sozialisierungsprozess zu unterstützen, also jene Anregungs-, Erfahrungs- und Erlebnisräume zu bieten, die manchen beispielsweise aus finanziellen Gründen andernfalls verschlossen blieben. Dabei ist mit Niesyto (2010, S. 57) darauf aufmerksam zu machen, dass soziokulturelle Unterschiede im Medienumgang zunächst einmal nur auf für divergente Muster oder Präferenzen, aber nicht zwangsläufig auf Formen von Benachteiligung hinweisen. Letztere wären vor allem dann erkennbar, wenn ein aktives und reflexives Medienhandeln durch mangelnde Ressourcen verunmöglicht würde.

Fazit

Sozialisationstheorien und speziell die Mediensozialisationsforschung können den Blick auf die bibliothekarische Praxis erweitern: Sie laden dazu ein, darüber nachzudenken, wie sich Menschen in der Interaktion mit ihrer Umwelt beziehungsweise mit einer zunehmend mediatisierten Gesellschaft entwickeln. Die theoretisch-empirisch fundierten Erkenntnisse zu den Faktoren, die Sozialisationskontexte, Mediennutzungsmuster et cetera beeinflussen, können Bibliotheken dabei helfen, zu verstehen, was sie selbst für gelingende Sozialisationsprozesse beitragen können.

 

Literatur und Quellen

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Alexandra C. Roth ist Diplom-Bibliothekarin und hat einen Masterabschluss in Medien und Bildung. Sie ist seit 2009 bei der Münchner Stadtbibliothek beschäftigt. Derzeit absolviert sie ein Promotionsstudium am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.

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LIBREAS. Library Ideas wird herausgegeben am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin

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